Das Königreich Böhmen; statistisch-topographisch dargestellt von Johann Gottfried Sommer. Bunzlauer Kreis.

Allodial-Herrschaft Reichenberg.

[Von Franz Xaver Maximilian Zippe.]

Die ältesten Besitzer von Reichenberg waren die Herren von Berka, welche vom Herzoge Udalrich die hinter der Elbe gelegene Landschaft von Bunzlau bis an das Wendische oder Lausitzer Gebirge, im XI. Jahrhundert zum Geschenke oder vielmehr zu Lehen erhielten, und somit auch Friedland und Reichenberg, welche in diesem Striche mitbegriffen waren; allein König Přmisl Ottokar II. zog diese Besitzungen wieder ein, und sie wurden königliche Kammergüter, bis 1278 Rulko von Biberstein damit belehnt wurde, wofür dieser 800 Mark Silber erlegt. Das Geschlecht der Herren von Biberstein blieb im Besitze der Herrschaft Reichenberg und Friedland bis 1551, wo die Sorauer Linie des Hauses Biberstein ausstarb, und die Forster Linie die Belehnung anzusuchen versäumte. Die Besitzer aus dieser Familie waren bis 1310 der genannte Bolko, bis 1366 Friedrich I., bis 1410 Hanns III. und Ulrich I., bis 1424 Johann IV., bis 1465 Ulrich II., bis 1471 Wenzel I., bis 1483 Ulrich III., bis 1490 Ulrich IV., bis 1519 Ulrich V., bis 1534 Joachim, bis 1549 Hieronymus, der Reiche genannt, bis 1551 Christoph von Biberstein. Kaiser Ferdinand I. zog nach dem Abgange dieser Linie Reichenberg sammt den andern Gütern der Familie als eröffnetes Kronlehen ein, und verkaufte es 1558, sammt Friedland und Seidenberg, dem Freiherrn Friedrich von Rädern für 40.000 Thaler. Der letzte Besitzer aus dieser Familie war Christoph von Rädern, welcher, so wie seine Familie, Anhänger des Protestantismus und der Parthei des Pfalzgrafen Friedrichs (des sogenannten Winterkönigs) ergeben war, von welchem er sich auch mit diesen Gütern belehnen ließ. Nach der Schlacht am Weißen Berge flüchtete er nach Polen; seine Güter wurden von Kaiser Ferdinand II. eingezogen, und Reichenberg mit Friedland an Wenzel Eusebius Albrecht von Waldstein um 150.000 Gulden verkauft, welcher 1625 von dieser Besitzung den Titel eines Herzogs von Friedland erhielt. Nach dessen Tode 1634 schenkte Ferdinand II. die Herrschaft Reichenberg und Friedland dem Grafen Matthias Gallas von Campo, Herrn zu Freyenthurm und Materello, Herzog von Lucera, k.k. Hofkriegsrathspräsidenten, zur Belohnung seiner bewiesenen Treue und Tapferkeit; dieser hinterließ 1647 die Güter seinen minderjährigen Erben, und bei dieser gräflichen Familie verblieben sie bis zum Erlöschen derselben mit Philipp, dem letzten Grafen Gallas, 1759, welcher diese Güter an seinen Schwester-Sohn, den Grafen Christian Philipp von Clam vererbte, welcher darauf den Namen Clam-Gallas annahm und die Besitzungen im Jahr 1805 seinem Sohne, dem gegenwärtigen Besitzer, Christian Christoph Grafen Clam-Gallas, k.k. wirklichen geheimen Rathe und Oberstlandmarschall, Ritter des kaiserlich österreichischen Leopoldordens, des großherzoglich toskanischen St. Stephansordens und Großkreuz des königlich sächsischen Ordens für Verdienst und Treue hinterließ. (Siehe Landtäfliches Hauptbuch Litt. R. Tom. V. Fol. 141.)

Mit der Herrschaft Reichenberg ist das Gut Neundorf vereinigt; dasselbe gränzt gegen Osten an die Herrschaften Morchenstern und Klein-Skal, gegen Süden an die Herrschaft Böhmisch-Aicha und das Gut Alt-Aicha, gegen Westen an die Herrschaft Lämberg und Grafenstein, und gegen Norden an das Königreich Sachsen und an die Herrschaft Friedland. Der Flächenraum beträgt 2⅘ Quadrat Meilen.

Die zu landwirthschaftlichen Zwecken verwendbare Bodenfläche ergiebt sich aus dem Katastral-Zergliederungssummarium für 1832, wie folgt:

Dominicale.Rusticale.Zusammen.
Joch.Quadrat Klafter.Joch.Quadrat Klafter.Joch.Quadrat Klafter.
Ackerbare Felder--391.071391.071
Teiche mit Aeckern verglichen11.013--11.013
Trischfelder871207.1698758.040895
Wiesen4581.3452.672106⅔3.1301.451⅔
Gärten1047253412581
Teiche mit Wiesen verglichen25491--25491
Hutweiden etc.2371021.000471.237149
Waldungen9.0566844.3911.10613.448190
Ueberhaupt10.66050215.275539⅔25.9351.041⅔

Der Herrschaftsbezirk ist durchaus gebirgig, und zwei Gebirgszüge verbreiten sich mit ihren Abhängen und Ausläufern auf derselben; diese sind zwar Zweige eines und desselben mächtigen Gebirgsstockes, des Riesengebirges; hier aber sind sie durch ein, stellenweise über eine Stunde breites Thal, welches die Herrschaft in der Richtung von Süd-Osten nach Nord-Westen durchzieht, von einander getrennt. Der nord-östliche Gebirgszug ist ein Theil des hohen Isergebirges, welches sich von da über die angränzenden Herrschaften Friedland und Morchenstern, weiter nördlich und nordöstlich verbreitet, und von welchem hieher der Neundorfer Steinberg, der Schafberg, der Nikelsberg, der Drachenberg, die Vogelkuppen (oder die Vogelsteine), der Schwarze Berg, der Absknochen, der Böckelsberg, der Hohe Berg, der Rollberg, der Kunersdorfer und Luxdorfer Berg und der Proschwitzer Kamm zu zählen kommen. Den südwestlichen Gebirgszug bildes das Jeschkengebirge, dessen höchster Punkt, der Jeschken oder die Jeschkenkuppe, sich nach Riemanns Bestimmung 525 Wiener Klafter über die Nordsee erhebt und dessen östliche Ausläufer sich auf den angränzenden Herrschaften Klein-Skal und Morchenstern mit dem Isergebirge verbinden. Seine Gehänge sind gegen Süden, wo sie aus der Ebene aufsteigen, mehr aber gegen Norden, wo sie sich dem Neissethale zu stürzen, sehr steil. Einzelne Vorsprünge und Abhänge dieses Gebirges, welche sich besonders, obwohl nicht bis zu der Höhe des Gipfels desselben erheben, erhalten hier die besonderen Namen Jaberlich, Hlubokay und Saskal. Es gehört jedoch hauptsächlich der nördliche Abhang dieses Gebirges hieher; der südliche verbreitet sich zum Theile auf die südlich angränzenden Dominien. Das Thal zwischen diesen beiden Gebirgen, das Neissethal, ist großentheils von hügeliger Beschaffenheit, verflächt sich gegen Nordwesten, wird an der westlichen Gränze der Herrschaft durch Annäherung der Ausläufer der beiden Gebirgszüge ziemlich enge, und gestaltet sich daher auf dem Bezirke der Herrschaft Reichenberg beinahe kesselförmig. Die Felsarten dieser Gebirgszüge sind im Isergebirge Granit, welcher als grobkörniger Granit den größten Theil dieses Gebirges, und auch der hieher gehörigen Berge, so wie die felsigen Hügel im Neissethale und in der Umgebung Reichenbergs zusammensetzt, und hie und da in großen Felsmassen ansteht. Am Kikelsberge und Hochwalde kommt auf diesem Granite, der aber hier, so wie am Neundorfer Steinberge gneusartig erscheint, Basalt vor.

Der Jeschkengebirgszug besteht hier größtentheils aus talkartigem Urthonschiefer, welcher in den östlichen Zweigen auf den Granit des Isergebirges aufgelagert ist; in dem Thonschiefer finden sich zahlreiche Lager von Quarzschiefer, wovon eines von besonderer Mächtigkeit stockförmig hervorragt, und den Gipfel des Jeschken bildet; ferner viele Lager von Urkalkstein, welche die Herrschaft und die angränzenden Dominien mit trefflichem Kalke versorgen. Die südlichen Gehänge dieses Gebirges werden hier vom Mandelsteine gebildet, dessen Blasenräume mit Achat- und Chalzedon-Kugeln und Quarzdrusen ausgefültt sind; nebst dieser Gebirgsart findet sich auch Porphyr und Basalt hier vor. Der Grund des Neissethales ist besonders an seinem nordwestlichen Theile auf beträchtliche Tiefe mit Granitgerölle, Kies, Sand- und Lehmlagern ausgefüllt; Torflager finden sich besonders auf dem Isergebirge vor, und man hat auch angefangen sie zu benützen. In dem Granite der Gegend um Reichenberg sind mehre Steinbrüche eröffnet, und er wird zu Treppenstufen, Fenster- und Thürstöcken, und Pfeilern für Gartenzäune und dergleichen bearbeitet; die Lehmlager werden zum Ziegelbrennen benützt.

Die Gewässer der Herrschaft sind:

1. Die Neisse, auch Görlitzer Neisse genannt, kommt von der angränzenden Herrschaft Klein-Skal, und fließt in nordwestlicher Richtung mit vielen Krümmungen, durch das obenerwähnte Thal, auf die angränzende Herrschaft Grafenstein; in diesen Gebirgsfluß ergießen sich die meisten übrigen Gewässer, als:

2. Der Görsbach oder Giersbach; er entspringt am Hammerich, nimmt das Rothe Wasser und mehre kleine Flüßchen auf, fließt zum Theile auf herrschaftlich-Friedlänger Gebiete durch Busch-Ullersdorf und Einsiedel, und heißt hier das Gränzwasser, weil er die Gränze zwishen den beiden Herrschaften auf dieser Strecke bezeichnet; in Einsiedel nimmt er den Voitsbach auf, fließt nach Neundorf, wo er den Scheidebach aufnimmt, und fällt bei Kratzau, auf der Herrschaft Grafenstein, in die Neisse. Dieser Bach wird auch die Schwarze Neisse geannt; doch giebt es auch noch einen andern, der diesen Namen führt, nämlich

3. Die Schwarze Neisse, welche an den Vogelkuppen im Isergebirge entspringt; sie nimmt mehre kleine Gebirgswässer auf, und fällt bei Habendorf in die Neisse.

4. Der Baiersbach; er entspringt bei Ruppersdorf und fällt nach kurzem Laufe bei Reichenberg in die Neisse.

5. Der Hartsdorfer-Bach; er entspringt bei Luxdorf, nimmt gleichfalls mehre kleine Flüßchen auf, und fällt bei Reichenberg in die Neisse.

6. Der Lautschneybach; er entspringt nördlich von Friedrichswald, durchfließt diesen Ort und das Dorf Gränzendorf, und macht von hier bis zu seinem Einflusse in die Neisse, zwischen Proschwitz und Gablonz, die Gränze mit der Herrschaft Klein-Skal. Dieß sind die benannten Bäche, welche aus dem Isergebirge der Neisse zu fließen; eine Anzahl kleinerer unbenannter ergießen sich nach kurzem Laufe in dieselbe, oder vereinigen sich mit einem der genannten. Die vom Jeschkengebirge nordwärts der Neisse zufließenden Gewässer haben alle einen kurzen Lauf, wegen der Nähe und Steilheit der Thalgehänge, und nur wenige haben Namen, als:

7. Das Gränzwasser; es entspringt bei Schimsdorf, macht auf eine Strecke die Gränze zwischen den Herrschaften Reichenberg und Böhmisch-Aicha, und fällt bei Röchlitz in die Neisse.

8. Der Hanichenbach;

9. Der Johannesthaler Bach;

10. Der Berzdorfer Bach, bloß nach den Orten, durch welche sie fließen, benannt, nebst mehren kleinen unbenannten. Diese sämmtlichen Wässer gehören zum Flußgebiete der Oder; endlich entspringt noch im nordöstlichen Theile der Herrschaft, am Schwarzen Berge,

11. der Kamenitzbach, welcher südlich fließt, in die Iser fällt, und somit zum Flußgebiete der Elbe gehört.

Die vielen kleinen Bäche, welche diese Gebirgsgegend so reichlich bewässern, sind von ungemeiner Wichtigkeit für die Industrie in der Gegend der Stadt Reichenberg; sie eignen sich ihres straken Gefälles wegen vorzüglich zu Wasserwerken und zur Betreibung von Maschinen, die sich denn auch hier in großer Menge vorfinden. Teiche giebt es keine auf der Herrschaft. Von Fischen kommen hauptsächlich Forellen vor.

Die Waldungen der Herrschaft sind in 7 Reviere eingetheilt, nämlcih: das Habendorfer von 84 Joch, das Neundorfer von 300 Joch, das Voigtsbacher von 2.781 Joch, das Katharinaberger von 1.486 Joch, das Friedrichswalder von 3.112 Joch, das Neuhartsdorfer von 1.049 Joch, (die letzten 4 zusammenhängend am Isergebirge) dann das Hanicher Revier am Jeschken von 1.434 Joch. Der Gesammtflächeninhalt dieser Waldungen beträgt folglich nach den Angaben des Reichenberger Amtes 10.246 Joch, oder über 1 Quadrat Meile. Die herrschende Holzart ist die Fichte, doch giebt es auch Buchen, Tannen und etwas Ahorn und Ulmen; die Niederungen tragen Fichten, Tannen, Kiefern, etwas Buchen, Birken und Lärchen, im hohen Gebirge findet sich auch etwas Knieholz ein; im Durchschnitte ist ⅞ der Waldung Nadelholz und ⅛ Laubholz. Bei der außerordentlich starken Bevölerung und den zahlreichen Fabriken hat das Holz sehr großen Werth; das Erträgniß der Waldungen ist demnach sehr bedeutend, und das geschlagene Holz für den Bedarf der Herrschaft kaum zureichend. Ein Theil des Holzes wird auf den Gebirgsbächen und auf der Neisse nach den daran liegenden Orten geflößt, der größte Theil aber im Winter durch Schlittenfuhren nach der Stadt geschafft. Der Wildstand ist nicht so beträchtlich, als er nach der Ausdehnung und der Lage derselben seyn könnte, doch giebt es auf dem Isergebirge noch Hochwild und Rehe als Standwild.

Der Ackergrund ist meist steiniger und sandiger, hie und da auch wohl lehmiger Beschaffenheit, und kaum mittelmäßig fruchtbar, zudem meist in kleine Parzellen zertheilt. Das Haupterzeugniß der Felder sind Erdäpfel und rothes Kohlkraut, welches letztere besonders in nassen Jahren gut gedeiht. Diese beiden Erzeugnisse gehören unter die ersten Bedürfnisse, welche sich jeder Kleinhäusler entweder auf seinem eigenen kleinen Grunde oder durch Pacht einiger Beete von einem Besitzer größerer Feldwirthschaften, den er gewöhnlich durch Bedüngung und Bearbeitung derselben abträgt, selbst zu erzeugen trachtet. Nebstdem wird auch Kron, Hafer und Flachs, und von Futterkräutern Klee und Wicken gebaut, und das vorhandene wenige Feld und die trefflichen Wiesengründe überhaupt sehr fleißig bearbeitet, und auf das Beste benützt. Der Obstbau ist des kalten Klima wegen sehr eingeschränkt. Die Viehzucht wird von den größern und kleinern Grundbesitzern mit Eifer betrieben, und eine Kuh gehört unter die wesentlichsten Bestandtheile der kleinen Haushaltungen; das Rindvieh ist von kräftigem Gebirgsschlage. Von den ärmern Häuslern, die das Futter für eine Kuh nicht erzeugen können, werden statt derselben auch Ziegen gehalten. Pferde finden sich in bedeutender Anzahl bei den Besitzern größerer Grundstücke, doch findet keine eigentliche Pferdezucht statt; Schafzucht findet sich bloß auf den herrschaftlichen Maiereien, und Bienenzucht wird nur als Liebhaberei getrieben. Die Produkte der landwirthschaftlichen Viehzucht haben in dieser volkreichen Gegend, und bei der beträchtlichen Consumtion der Stadt Reichenberg, einen hohen Werth.

Folgendes war der Viehstand des Dominiums am 30. April 1833:

bei der Obrigkeit.bei den Unterthanen.Zusammen.
Pferde15 (Alte)497 (Alte 491, 6 Fohlen)512
Rindvieh173 (5 Zuchtstiere, 4 junge Stiere, 137 Kühe, 21 Kalbinnen, 6 Zugochsen)3.604 (26 Zuchtstiere, 7 junge Stiere, 2.934 Kühe, 304 Kalbinnen, 256 Zugochsen, 47 junge Ochsen)3.777
Schafe635 (514 Alte, 121 Lämmer.)-635

Die vorzüglichste Nahrungsquelle der Bewohner der Stadt Reichenberg, und der zunächst um dieselbe liegenden Ortschaften, sind Manufakturen und Gewerbe, und Reichenberg mit seiner Umgebung gehört unter die industriereichsten Gegenden, nicht nur von Böhmen, sondern von der ganzen österreichischen Monarchie. Die folgende Uebersicht wird am besten die Bedeutsamkeit und die Mannichfaltigkeit der hiesigen Industrie auf den Dörfern der Herrschaft Reichenberg zeigen; die der Stadt Reichenberg soll bei der Topographie derselben besonders aufgeführt werden. Es finden sich auf dem Lande

A) von zünftigen Polizeigewerben: 18 Bäcker, 14 Fleischer, 24 Müller, 36 Schneider, 18 Schuhmacher, 7 Hufschmiedte, 3 Zimmermeister, 1 Maurer, 2 Schlosser und 1 Faßbinder; sammt Gesellen und Lehrlingen 240 Personen.

B) Unzünftige Polizeigewerbs-Befugte: 30 Bierschänker, 4 Weinschänker, 1 Grießler, 3 Gastwirthe, 4 Fuhrleute, 2 Ziegelbrenner.

C) Zünftige Commerzialgewerbe betreiben: 28 Strumpfwirker mit 13 Gesellen, 1 Lohgärber, 1 Papiermacher, jeder mit 1 Gesellen.

D) Unzüfige Commerzialgewerbs-Befugte 10 Kattunweber mit 416 Gesellen, 9 Leinweber mit 12 Gesellen.

E) Von freien Gewerben giebt es 20 Schafwollspinnereien, welche 650, und 6 Baumwollspinnereien, welche 203 Personen beschäftigen; diese Spinnereien werden von Wasser getrieben; ferner 3 Leinwand- und 2 Garnbleichen, 1 Tuch- und Kasimirfabrik, 1 Maschinenfabrik, 1 Kattundruckfabrik und 2 Glashütten. Der Handelsstand auf dem Lande zählt 1 gemischte Waarenhandlung und 12 Krämer und Hausirer. Die Bewohner der in der Waldung, im Gebirge gelegenen Dörfer erwerben ihren Unterhalt zum Theile durch Taglöhnerei, Holzfällen, und im Winter durch Holzrücken (Holzführen mit Handschlitten, aus den Wäldern bis an gewisse Stellen, von welchen es durch Flößen auf den Bächen, oder durch Fuhrwerk weiter geschafft werden kann), und durch Verfertigung von mancherlei Holzgeräthen.

Das Sanitätswesen auf dem Lande wird durch die, in der Stadt Reichenberg ansäßigen, Aerzte und Wundärzte besorgt; auf den Dörfern befinden sich 21 Hebammen.

Das herrschaftliche Armeninstitut, im Jahr 1798 begründet, besitzt an Stammvermögen 172 Gulden 40 Kreuzer C. M. und 2.013 Gulden 50 Kreuzer W. W. Die jährliche Einnahme von Kapitalsinteressen und anderen Zuflüssen beträgt 71 Gulden 46 C. M. und 359 Gulden 42⅙ Kreuzer W. W.; durch dasselbe werden 63 Personen aus verschiedenen Kirchspielen der Herrschaft unterstützt. Die Stadt Reichenberg und einige Ortschaften haben ihre eignen Lokalinstitute.

Die Anzahl der Einwohner der Stadt und Herrschaft Reichenberg ist nach der letzten Volkszählung 30.984, welche in einer Stadt, einer Vorstadt, und 39 Dörfern, zusammen in 4.058 Häusern wohnen; es kommen also auf die Quadrat Meile 11.065 Köpfe. Seit dem Jahr 1788 ergiebt sich eine Zunahme von 927 Häusern und 11.204 Personen. Die Sprache der Einwohner ist durchaus die teutsche, und die Religion die katholische; die Anzahl der zerstreut lebenden Protestanten ist 39.

Eine Post- und Commerzial-Hauptstraße verbindet Reichenberg mit der Hauptstadt Prag; sie geht von Reichenberg weiter nach Friedland; eine andere Hauptstraße führt nach Zittau; die übrigen Landstraßen und Fahrwege, zur Verbinung der Ortschaften unter einander und mit den benachtbarten Dominien, sind zahlreich, und werden gut unterhalten.

Folgendes sind die Ortschaften des Dominiums:

1. Reichenberg (böhmisch Liberk), unterthänige Municipalstadt an der Neisse, im Thale zwischen dem Jeschken- und dem Isergebirge, welches hier seinen hügeligen Fuß bis an die Stadt selbst vorstreckt, unter 50° 44‘ 30“ nördlicher Breite und 32° 48‘ 30“ östlicher Länge, 186½ Wiener Klafter über der Nordsee (nach Dr. Kiemann), hat ohne die Vorstadt Christiansstadt, welche als besondere Gemeinde für sich betrachtet werden wird, 1.288 Häuser und 9.862 Einwohner, ungerechnet die Fremden, welche sich zeitweilig in Handelsgeschäften hier aufhalten, deren Anzahl sich nach einem 10jährigen Durchschnitte auf 571 beläuft. Die Stadt sammt der Vorstadt hat gegen 2 Stunden im Umfange, und ist in Rücksicht auf Größe und Volkszahl in Böhmen die erste Stadt nach Prag, und eine der ersten Manufakturstädte in der östreichischen Monarchie. Die Stadt ist in 4 Viertel eingetheilt; die altgebräuchliche Eintheilung ist die in die Altstadt und Neustadt; sie hat 7 Plätze, 95 größere und kleinere Gassen, welche fast durchaus gepflastert sind, und Nachts durch 125 Laternen erleuchtet werden. Die Häuser sind meist von Stein, oder von Ziegeln, 2 Stockwerke hoch, mehre sehr schön und pallastähnlich aufgeführt, mit Schiefer oder Ziegeln, auch wohl mit Kupfer gedeckt; doch giebt es auch nocht viele niedrige, unansehnliche, von Fachwerk erbaute Häuser, deren Zahl sich aber, so wie die Schindeldächer, von Jahr zu Jahr verringert. Die Straßen und Gassen sind mitunter enge und winklich, auch hat die Stadt eine unebene Lage. Die merkwürdigen Gebäude und Anstalten der Stadt sind:

a) die Dechanteikirche zum heiligen Anton, in den Jahren 1579 bis 1587 von dem Baumeister Spaz von Lanz durch die damaligen Besitzer Christoph und Melchior von Rädern erbaut; sie soll schon 1370 von Friedrich von Biberstein errichtet, wegen Baufälligkeit aber abgetragen worden seyn, wurde 1724 durch Vergrößerung des Schiffes und Anbau eines neuen Presbyteriums beträchtlich erweitert, und 1730 zu einer Dechanteikirche erhoben.

b) Die Kreuzkirche, ein sehr schönes Gebäude, 1694 durch den Grafen Franz von Gallas und dessen Gemahlinn, von dem Baumeister Marcantonio Canivalle erbaut, 1753 von dem Grafen Philipp von Gallas um 40 Ellen verlängert und beträchtlich verschönert, und mit Altarblättern von Albrecht Dürer, Balko, Molitor und Schäfler geziert. Oberhalb der Sakristei befindet sich eine nicht unbedeutende Bibliothek. Die Seelsorge an diesen Kirchen wird durch einen Dechant und 4 Kapläne versehen. Bei der Kreuzkirche, welche auch die Neue Kirche genannt wird, befindet sich der Gottesacker, mit einigen schönen Monumenten, worunter eines für das hier verstorbene Fräulein von Merkel, von Prachner gearbeitet, sich besonders auszeichnet. Seit dem Jahr 1831 ist jedoch die Beerdigung auf diesem Kirchhofe eingestellt, und es ist ein neuer Gottesacker nördlich von der Stadt, seitwärts Paulsdorf, für den ganzen Kirchsprengel bestimmt worden.

c) Die Hauptschule, das am meisten hervorragende Gebäude der Stadt, im Jahr 1810 bis 1812 erbaut, wozu ⅓ der Baukosten der gegenwärtige Besitzer der Herrschaft, und ⅔ die Bürger von Reichenberg beitrugen. Diese Schule hat 4 Klassen und 1 Zeichenschule, und die 4. Klasse 2 Abtheilungen oder Jahrgänge; der Unterricht wird von einem Katecheten, 7 Lehrern, 4 Unterlehrern, und 2 Gehilfen, in 14 geräumigen Lehrzimmern ertheilt. Das Lehrpersonale wird aus einem zusammengebrachten, hinreichenden Schulfonds besoldet, und der Unterricht ist für die einheimischen Schüler unentgeltlich. Die Anzahl der Schulkinder ist nach einem 10jährigen Durchschnitte 862 Knaben und 761 Mädchen. Um diese großartige Schulanstalt hat sich der gegenwärtige Dechant von Reichenberg, Herr Franz Wolf, vorzügliche Verdienste erworben. Zur Errichtung einer Realschule wurde durch den Kaufmann Hubert Till bereits im Jahr 1804 ein Kapital von 24.000 Gulden legirt, welchem der verstorbene Fürst-Erzbischof von Prag, Wenzel Leopold Ritter von Chlumžansky, ein sehr beträchtliches Legat von jährlich 1.900 Gulden C. M. beifügte, und die zu errichtende Realschule den Priestern der frommen Schulen zu übergeben anordnete; die Errichtung eines zu diesem Zwecke angekauften Hauses ist eben im Werke, und die Eröffnung der neuen Lehranstalt wird im nächsten Jahr Statt finden.

d) Das städtische Rathhaus, 1601 von Katharina von Rädern, geb. Gräfinn von Schlick, erbaut. Der Stadtmagistrat besteht aus einem geprüften Bürgermeister, 2 geprüften und 3 bürgerlichen Räthen, 3 Repräsentanten, 4 Polizeikommissären und dem Kanzleipersonale. Die Stadtgemeinde besitzt 1 Branntweinhaus, und die nöthigen Gemeindeauslagen, welche sich jährlich über 10.000 Gulden C. M. belaufen, werden größtentheils aus freiwilligen Beiträgen der Bürger bestritten. Von Wohlthätigkeitsanstalten besteht ein, von Katharina von Rädern gestiftetes Spital für 12 Pfründler, mit einem Vermögen von 17.854 Gulden 31 Kreuzer C. M. Bei demselben befindet sich auch 1 Kirche zu Allerheiligen; gegenwärtig soll dieser alte Bau jedoch abgetragen, und Spital und Kirche an einem andern Platze neu erbaut werden. Das Armeninstitut besitzt ein Kapital von 1.598 Gulden 10 Kreuzer C. M. und 10.855 Gulden 52 Kreuzer W. W.; es unterstützte bis 1828 von den Zinsen und freiwilligen Beiträgen 130 Arme, jeden mit 3¾ Kreuzer wöchentlich; bei der Unzulänglichkeit dieser Unterstützung jedoch, wurde durch die Thätigkeit des Bürgermeisters Lahn eine neue Organisirung des Armeninstitutes vorgenommen, und durch Subskriptionsbeiträge, Kapitalsinteressen, Sammlungen bei Hochzeiten und andern Gelegenheiten, Strafgelder und andere Empfänge, ein jährliches Einkommen von 4.762 Gulden 32 Kreuzer C. M. und 520 Gulden 17½ Kreuzer W. W. aufgebracht, von welchem nun die in der Stadt vorhandenen 291 Armen nach Maßgabe ihrer Dürftigkeit mit täglichen 2, 4 bis 6 Kreuzer C. M. unterstützt werden, wodurch die Bettelei gänzlich abgestellt worden ist.

Das Sanitätswesen der Stadt wird von 4 Aerzten, 8 Wundärzten und 9 geprüften Hebammen besorgt. Für die Errichtung eines Krankenhauses sind gleichfalls Voranstalten getroffen, und bereits ein namhaftes Kapital vorhanden, und gewisse jährliche Einkünfte ausgemittelt. Apotheken sind hier zwei. Die Anstalten zur Verhütung von Brand und zur Löschung des ausgebrochenen Feuers sind hier wahrhaft musterhaft; die Stadt besitzt 13 größere und kleinere Spritzen, und zahlreiche andere Feuerlöschapparate. Feuersbrünste ereignen sich bei der trefflichen Wachsamkeit sehr selten, und durch zweckmäßige Mittel wird das Umsichgreifen und beträchtlicher Schade verhindert; auch sind bereits die meisten Häuser in der k.k. privilegirten böhmischen wechselseitigen Feuerversicherungsanstalt, nämlich in Jahr 1829 bereits 1.069 Häuser mit einem Kapitale von 591.010 Gulden C. M. versichert. Den nöthigen Wasservorrath für Gewerbe und Küche, so wie das Trinkwasser, erhält die Stadt theils durch die Neisse und die sich hier in dieselbe ergießenden Bäche, theils durch 18 öffentliche Wasserbehälter, in welche das Wasser durch eiserne Röhren, in mehren Wasserleitungen zugeführt wird, und durch 5 Gemeinde- und sehr viele Privatbrunnen. Für öffentliche Vergnügungen besteht ein schönes, im Jahr 1820 von der Tuchmacherzunft erbautes Theater, in welchem im Winter von einer Schauspielergesellschaft, außerdem aber von Liebhabern zur Unterstützung von Wohlthätigkeitsanstalten, Vorstellungen gegeben werden; ein musikalischer Verein sorgt für musikalische Abendunterhaltungen, und durch eine Musikschule, von demjetzt in Prag lebenden blinden Musiker Joseph Proksch nach Laugiers Methode eingerichtet, wird für Erweckung und Ausbildung musikalischer Talente gesorgt; denn auch hier, wie überall in Böhmen, wird Musik als ein wesentlicher Theil der Erziehung und Bildung betrachtet. Drei Tanzsäle, und die, dem bürgerlichen Schützencorps gehörige Schießstätte mit einem geräumigen und schönen Schießhaus gewähren den Einwohnern ebenfalls Unterhaltung und Belustigung. Das bürgerliche Schützencorps, bereits 1790 errichtet und seit 1794 uniformirt, stellte im Jahr 1800 und 1805 aus seiner Mitte 17 Freiwillige zu den damals errichteten Jägercorps, und unterhielt sie während des Feldzuges.

Die Stadt Reichenberg verdankt ihre Entstehung und ihren gegenwärtigen Wohlstand der Industrie, und ihre ganze Existenz ist auf Gewerbe gegründet. Eine vollständige Uebersicht des gegenwärtigen Standes derselben wird daher hier am rechten Orte seyn.

A) Zünftige Polizeigewerbe treiben 27 Bäcker, 4 Faßbinder, 29 Fleischhauer, 2 Glaser, 12 Hufschmiedte, 2 Lebzelter, 2 Maurermeister, 2 Müller, 2 Rauchfangkehrer, 3 Schleifer, 31 Schneider, 32 Schuhmacher, 8 Seifensieder, 17 Tischler, 5 Zimmermeister, zusammen 179 Meister mit 365 Gesellen und 85 Lehrlingen.

B) Unzünftige Polizeigewerbe: 65 Bier- und Branntweinschänker, 4 Billardhälter, 1 Branntweinbrenner, 1 Essigsieder, 6 Gastwirthe, 21 Grießler, 7 Grünzeughändler, 2 Kuchenbäcker, 8 Landkutscher, 12 Obsthändler, 1 Rosogliofabrikant, 10 Weinschänker, und 1 Zuckerbäcker, zusammen 140 Gewerbseigenthümer mit 133 Gehilfen.

C) Commerzialgewerbe; unter diesen nimmt das Tuchmachergewerbe bei weitem den ersten Rang ein. Es werden hier zünftige Meister und Fabrikanten unterschieden, obschon von dem minder wohlhabenden Tuchmacher, der sein Gewerbe allein, oder mit wenig Gehilfen betreibt, bis zu dem Tuchfabrikanten, alle Abstufungen statt finden. Zünftige Tuchmachermeister giebt es hier 1.100, von diesen betreiben jedoch bloß 630 ihr Gewerbe selbständig, die übrigen arbeiten um Lohn, oder zu Handen der vermöglichern Meister. Diese 630 Meister haben zusammen 721 Gesellen und 223 Lehrlinge, welche 2.044 Personan, die eigentliche Tuchmacherzunft ausmachen. 3 Fabriken, nämlich: Joseph Demuth, Wilhelm Sigmund, und Sigmund Neuhäuser und Comp., wovon letztere das Landesbefugniß besitzt, beschäftigen zusammen 800 Personen. Tuchbereiter sind, 31 Meister mit 33 Gesellen und 9 Lehrlingen, Tuchscheerer 94 Meister, 56 Gesellen, 15 Lehrlinge; Tuchwalker 6 mit 54 Gehilfen; Schwarzfärber 12 mit 4 Gehilfen; Blau- und Kunstfärber 5 mit 20 Gehilfen; Schafwollenspinnereien (ohne die 20, mit 650 Arbeitern auf den Dörfern bei Reichenberg) 7 mit 200 Arbeitern; es beschäftigt demnach das Tuchmachergewerbe bloß in der Stadt Reichenberg 3.383 Menschen unmittelbar, die mancherlei Vorarbeiten beim Spinnen und Weben, als das Klauben und Sortiren der Wolle, das Waschen, Krämpeln, Weisen, Auflegen u.s.w., welche zum Theile von Weibern und Kindern verrichtet werden, ungerechnet. Die Erzeugung betrug im Jahre 1826: 47.582 Stück zu 30 Ellen, im Werthe von 3.927.415 Gulden C. M. Die dazu verbrauchte Wolle betrug 18.769 Centner, im Werte von 1.501.520 Gulden C. M. Der Gewinnst für Arbeitslohn beträgt demnach 2.425.895 Gulden C. M., von welchem indeß die Auslagen für Färbematerialien, Maschinenbedarf, und Kapitalszinsen vom nöthigen Fundus instructus der Fabrikanten und gewerbtreibenden Meister in Abschlag gebracht werden müssen, durch welche der reine Arbeitsgewinn auf beiläufig 2 Millionen Gulden C. M. reduzirt werden dürfte. Früher wurden hier bloß ordinäre und mittelfeine Tücher erzeugt, gegenwärtig werden sie von allen Graden der Feinheit, von 1¼ Gulden bis 9 Gulden C. M. die Elle, und von allen Farben verfertigt, und die Erzeugung der feinern Tücher ist im Zunehmen, die der ordinären dagegen etwas im Abnehmen. Die übrigen Commerzialgewerbsinhaber der Stadt sind: 3 Buchbinder, 3 Büchsenmacher, 1 Bürstenbinder, 6 Drechsler, 1 Feilenhauer, 4 Goldarbeiter, 2 Gürtler, 1 Handschuhmacher, 8 Hutmacher, 1 Instrumentenmacher, 3 Kammmacher, 3 Kammsetzer, 3 Kürschner, 3 Klämpner, 2 Knopfmacher, 3 Kupferschmiedte, 4 Lohgärber, 4 Nagelschmiedte, 4 Riemer, 2 Sattler, 8 Schlosser, 5 Seiler, 6 Strumpfwirker, 2 Töpfer, 5 Uhrmacher, 1 Wachszieher, 5 Wagner, 6 Weißgärber, 2 Zeugweber, 2 Zinngießer und 4 Zirkelschmiedte, zusammen 107 Meister mit 78 Gesellen und 32 Lehrlingen.

D) Freie Gewerbe betreiben: 3 Baumwollenweber, 2 Blattbinder, 24 Leinweber, 5 Maler, 5 Maschinenbauer, 1 Mechaniker, 3 Putzblumenmacher, 3 Strumpfwirker, 1 Wattenmacher, sammt den Hilfspersonen 134.

Der Handeslstand der Stadt zählt 1 Eisenhandlung, 1 Galanteriewaarenhandlung, 35 gemischte Waarenhandlungen, 3 Lederhändler, 4 Schnittwaaren-, 2 Putzwaarenhandlungen, 2 Tuchhandlungen, zusammen 48 Klassenhandlungen, ferner 2 Geschirr- und 4 Steinguthändler, 3 Hausirer, 1 Berchtoldsgadner-Waarenhändler, 1 Garnhändler, 2 Korbhändler, 2 Leinwandhändler, 1 Südfrüchtehändler, 28 Wollhändler und 163, die Märkte von Wien, Prag, Pilsen, Linz u.s.w. beziehende Handelsleute; sammt Hilfspersonale zählt der Handelsstand 311 Personen. Gasthöfe sind 7 in der Stadt, worunter das Gemeindehaus besonders gut eingerichtet ist. Die Stadt hat Privilegien auf 2 Jahrmärkte von 8 Tagen, dann 2 von 2 Tagen, 2 Viehmärkte, 2 Wollmärkte, und alle Montage und Donnerstage Wochenmärkte für Getraide, Viktualien und Erzeugnisse. Die Jahrmärkte werden von innländischen Verkäufern sehr stark besucht, und es werden in 660 Buden und Ständen die mannichfaltigsten Schnittwaaren von Leinen, Baumwolle, Wolle und Seide, gestrickte und gewirkte Waaren, fertige Kleider und Putzwaaren, Leder und Rauwaaren, Hüte, Holz- und Metallwaaren aller Art, Glas und anderes Geschirr, mathematische, physikalische, optische und Musikinstrumente, Früchte, Lebzelter- und Zuckerbäckerwaaren, Bilder und Gebetbücher feilgeboten. Getraide auf die Wochenmärkte liefern die Dominien Rohosetz, Großskal, Swigan, Böhmisch-Aicha, Alt-Aicha und Münchengrätz, und im Durchschnitte kommen jeden Markttag 30 Fuhren zu 30 Metzen Getreide, oder jährlich 93.600 Metzen, in die Stadt.

In Reichenberg ist ein k.k. Postamt und eine Poststation, so wie die Briefsammlung für die Herrschaft und einen Theil der angränzenden Dominien; auch ist hier eine k.k. Zolllegstatt.

Die Zeit der Entstehung, so wie die ältere Geschichte der Stadt ist in Dunkel gehüllt. Wahrscheinlich war die Errichtung einer Herberge an der Straße nach der Lausitz, zum Schutze gegen die Räuber in dieser, damals wilden und unbebauten Gebirgsgegend, unter Přemisl Ottokar II. um das Jahr 1266, die erste Veranlassung zur Entstehung der Stadt. Im Jahr 1278 nannte man den Ort Habersberg, und in der böhmischen Sprache Liberka, in welcher Sprache er seinen alten Namen beibehalten hat. Die Ableitung des Namens Reichenberg ist ungewiß, und führt zur Vermuthung, daß Bergwerke, (vielleicht Goldseifen) in der Gegend die Veranlassung zur Benennung waren; doch fehlt darüber jede Spur. Die Pfarrkirche von Reichenberg wird als solche 1384 erwähnt; 1421 plünderte und verbrannte Žižka den Ort, und die Züge der Hussiten wiederholten sich mehre Male. Als nach dem Abgange der Familie Biberstein die Herren von Rädern zum Besitze der Gegend gelangten, beginnt die Stadt bekannter und wichtiger zu werden. Friedrich von Rädern ernannte Ulrichen von Rosenberg zum Hauptmanne in Reichenberg, der sich um die Stadt bleibende Verdienste erworben hat. Durch ihn erhielt sie vom Kaiser Rudolph II. 1577 das Privilegium auf 2 Jahrmärkte, ein eigenes Wappen (zwei Thürme mit einem gekrönten Löwen) und die Bierbrauerei. Im Jahr 1579 den 11. Mai wanderte der erste Tuchmacher, Urban Hoffmann, hier ein; er war aus Seidenberg, welches damals zur Herrschaft Friedland gehörte; 1605 wurde die erste Färberei durch Peter Lehmann errichtet. Katharina, die Wittwe Melchiors von Rädern, General-Feldmarschalls Kaiser Rudolphs II., welcher 1600 starb, ertheilte der Stadt den Salzschank, und erbaute das Rathhaus. In die Zeit des Besitzes der Familie von Rädern, von 1558 bis 1620, fällt die Begründung von Reichenberg als eigentliche Stadt mit bedeutendem Gewerbe. Sie hatte sich nach der Reformation dem Protestantismus zugewandt, und die Wiedereinführung der katholischen Religion erfolgte nicht ohne Widerstand. Albrecht von Waldstein, Herzog von Friedland, entzog der Stadt das Bräu-Urbar, doch erweiterte er dieselbe durch Anlegung der Neustadt, und baute den Tuchmachern das Meisterhaus und die Knappenherberge. Im Jahr 1631 hatten einige Fanatiker den katholischen Pfarrer Andreas Stommäus ermordet; der Herzog, bei dem dieser Vorfall den Verdacht einer Verschwörung der Protestanten gegen die Katholiken erweckte, wollte sie die Schwere seines Zornes fühlen lassen, und hatte schon einigen Compagnien Kroaten den Befehl ertheilt, die Stadt anzuzünden und die Einwohner niederzuhauen, als es dem Magistrate noch zu rechter Zeit gelang, sich zu rechtfertigen, und durch den fürstlichen Kanzler, Stephan von Ilgenau, den Herzog von ihrer Unschuld zu überzeugen. Im 30jährigen Kriege hatte Reichenberg viel durch Brandschatzungen und Plünderungen zu leiden, da der Kriegsschauplatz öfters in diesen Gegenden wechselte, und bald die Kaiserlichen, bald die Schweden die Stadt im Besitze hatten. 1643 starb ein großer Theil der Einwohner an der Pest. Nach Beendigung des Krieges wurden die hier noch ansäßigen Protestanten verwiesen; die meisten wanderten in das nahe Zittau, und brachten dort das Tuchmachergewerbe in Aufnahme. 1680 wüthete abermals die Pest in der Gegend, und viele Einwohner wurden von der Seuche hingerafft. Im Jahr 1719 erhielt die Stadt das Privilegium auf 2 Jahr-, 2 Vieh- und 2 Wochenmärkte, und den Wein- und Branntweinschank. Um diese Zeit fing, nebst dem blühenden Tuchmachergewerbe, auch die Leinweberei an, in Aufnahme zu kommen, und die Stadt breitete ihren Handel immer mehr aus; 1722 wanderten 200 Leinwebergesellen, die mit ihren Meistern in Streit gerathen waren, nach der Lausitz aus, und konnten erst im folgenden Jahre, nach Zugestehung ihrer Forderungen, zur Rückkehr bewogen werden. Die Strumpfwirkerzunft erhielt 1749 das Privilegium, daß sich alle Meister des Bunzlauer Kreises bei derselben einverleiben lassen mußten.

Der schlesische und der siebenjährige Krieg führten die streitenden Armeen mehre Male in diese Gegend, und in ihrem Gefolge Requisitionen, Plünderungen und andere Kriegsdrangsale. Am 21. April 1754 fiel hier ein Gefecht vor zwischen einem 20.000 Mann starken Armeekorps, unter den Prinzen von Bevern, und einem halb so starken, unter dem Befehle des kaiserlichen Generals Grafen von Königseck, welcher letztere durch die Uebermacht nach beträchtlichem Verluste zum Rückzuge gezwungen wurde. Nach der glorreichen Schlacht bei Kolin wurde das Hauptspital der kaiserlichen Armee nach Reichenberg verlegt; dieß verursachte Krankheiten, an welchen in einem Jahre 1.200 Einwohner erlagen. Während und nach dieser Periode und nach den Hungerjahren von 1772, welche in der Gebirgsgegend eine furchtbare Noth erzeugten, war der Zustand der Gewerbe doch immer im Zunehmen, und 1775 zählte Reichenberg 500, 1785 aber 600 Tuchmachermeister, 400 Leinweber und 500 Strumpfwirker. Der Leinwandhandel war besonders blühend, und von hier wurden mit diesem Erzeugniß Geschäfte in die südeuropäischen Länder, nach der Türkei, und nach Amerika getrieben. Auch die Tuchmanufakturen vervollkommten sich immer mehr, und die erzeugten Tücher fanden ihren Absatz auch außerhalb der Monarchie, in der Schweiz und Italien; 1795 hatte sich die Anzahl der Tuchmachermeister abermals um 200 vermehrt, und es wurden bereits 35.000 Stück Tuch verfertigt. Im Jahr 1800 entstanden die ersten Tuchfabriken, während bis dahin bloß die zünftigen ansäßigen Meister das Gewerbe betrieben, und weniger auf Vervollkommnung des Produktes, als auf Menge der Erzeugniß gesehen wurde. Von 1796 bis 1805 steigt die jährliche Erzeugniß bis auf 60.000 Stück im Werthe von 4 Millionen Gulden. Die seit jener Zeit vorgefallnen politischen und kriegerischen Ereignisse, welche Veränderungen in den Verhältnissen aller europäischen Staaten herbeiführten, waren auch für Reichenberg nicht ohne Folgen. Der sonst so blühende Leinwandhandel fing dadurch, und hauptsächlich durch das Emporkommen der Baumwollenwaaren, zu sinken an; statt dessen bildete sich auch hier die Fabrikation der Baumwollenwaaren zu einem hohen Grade von Vollkommenheit aus. Die hier erzeugten Tücher, denen durch die politishen Veränderungen und durch Verbotsmaßregeln mancher Staaten der Weg des Absatzes abgeschnitten wurde, mußten durch größere Vollkommenheit die Concurrenz auf anderen Handelsplätzen, hauptsächlich in Italien und der Schweiz, mit französischen, englischen und niederländischen Waaren zu erringen suchen. Die 1814 erfolgte Wiedervereinigung des Lombardisch-Venetianischen Königreiches mit der Monarchie eröffnete den hiesigen Erzeugnissen neuen Absatz; diesem und dem Streben nach Vollkommenheit, welches durch die angedeuteten Verhältnisse geweckt wurde, ist der blühende Zustand dieser Manufakturen zuzuschreiben. Die Anwendung der Maschinen bei der Spinnerei sowohl, als bei der Appretur der Tücher, trug hautpsächlich zur Vollkommenheit der Erzeugnisse bei; die ersten Maschinen wurden 1808 von dem damaligen Geschäftsführer der Bergerschen Fabrik, Ferdinand Römheld, eingeführt; gegenwärtig haben die Maschinen die frühere Handspinnerei ganz verdrängt. Nächst der Tuchfabrikation ist die der Baumwollenwaaren von erster Bedeutung, und die von hier aus versendeten Kattune und andere Baumwollenwaaren betrugen im Jahr 1826, 140.000 Stück, im Geldwerthe von 1.600.000 Gulden. Die Leinwandfabrikation der Stadt und der Gebirgsgegend ist trotz dem Sinken dieses Produktionszweiges immer noch von Bedeutung, und im Jahr 1826 betrugen die von hier aus verschickten Leinwanden 69.500 Stück meist ordinäre Leinenwaaren, im Werthe von 737.500 Gulden C. M. Der Sitz der Leinweberei ist jedoch nicht sowohl Reichenberg, als die ganze hiesige Gebirgsgegend; Reichenberg ist gleichfalls nur der Stapelplatz dafür. Dasselbe ist der Fall mit den gewirkten Wollwaaren, von welchen durch die Reichenberger Strumpfwirkerzunft, die jedoch über die ganze Gebirgsgegend des Bunzlauer Kreises verbreitet ist, 54.600 Dutzend Stück im genannten Jahre produzirt wurden, welche im Geldwerthe 436.800 Gulden betrugen und ebenfalls von hier aus versendet wurden1.

Reichenberg hat mehre Männer aufzuweisen, welche Erwähnung hier verdienen. Von den bereits verstorbenen führen wir an:

1. Johann Karl Rohn; er war Canonicus regularia der Kreuzherren mit dem rothen Stern in Prag, und schrieb eine Chronik von Friedland und Reichenberg; † 1763.

2. Antonius Kopsch, Dechant zu Reichenberg von 1743 an durch 25 Jahre; er wirkte viel zur Verbesserung des Unterrichts, zur Vergrößerung und Verschönerung der beiden Kirchen, besonders der Kreuzkirche, welche er mit herrlichen Gemälden beschenke, die sie noch besitzt.

3. Anton Simon, 1760 in Reichenberg geborgen, wurde 1803 von Seiner Majestät unserm glorreich regierenden Monarchen zum Miterzieher des Kronprinzen, des gegenwärtigen jüngern Königs von Ungarn Majestät berufen; von ihm existiren mehre dichterische Arbeiten; † 1809.

4. Franz Anton Spielmann, Dechant zu Reichenberg, Erzieher des gegenwärtigen Besitzers der Herrschaft, hinterließ mehre Erziehungsschriften und Fabeln.

Zur Stadt Reichenberg gehört:

2. Die Vorstadt Christiansstadt; sie wird jedoch besonders conscribirt, und steht unter dem herrschaftlichen Oberamte. Sie hat 89 Häuser mit 750 Einwohnern, und wurde 1787 auf emphyteutisch herrschaftlichem Grunde erbaut, hat breite und schöne Straßen und schöne Häuser, welche meist durch kleine Gärtchen von einander gesondert sind. Hier ist das alte, und das neue herrschaftliche Schloß. Ersteres von den Brüdern Christoph und Melchier Freiherren von Rädern erbaut, brannte 1615 ab, und wurde von Katharina von Rädern wieder hergestellt; es enthält die Schloßkapelle; letzteres wurde von Christian Philipp Grafen Clam-Gallas im Jahr 1774 schön und geräumig erbaut und mit Gartenanlagen umgeben. Bei diesen herrschaftlichen Gebäuden ist das herrschaftliche Bräuhaus auf 60 Faß, mit einer Branntweinbrennerei und 1 herrschaftlicher Maierhof; auch ist hier der Sitz des Oberamtes und der übrigen herrschaftlichen Aemter. Von Gewerbern finden sich hier: 3 Bäcker, 2 Bierschänker, 2 Gastwirthe, 2 Tischler, 1 Glaser, 1 Maurermeister, 3 Schneider, 2 Schuhmacher, 1 Schlosser, 1 Fleischhauer, 2 Leinweber, 30 Tuchmacher mit 56 Gesellen, 1 Baumwollenweberei, welche hier und in den nächsten Ortschaften 576 Menschen beschäftigt, und mit welcher 1 Baumwollen-Garnfärberei in Grünwald verbunden ist (Firma Joseph Herzig); 1 Merino- und Wollzeugfabrik der (Gebrüber Liebig), 1 Baum- und Schafwollenzeugfabrik (Firma Heinrich Hennig), dann 2 Schafwollespinnereien von Joseph Moritz Horn und Anton Ludwik, ferner 3 gemischte Waarenhandlungen und 1 trefflich eingerichteter Gasthof, zum Goldenen Löwen genannt. Zur Gemeinde Christianstadt ist auch der Ort Josephinenthal conscribirt; er liegt östlich an der Stadt, und besteht aus 10 Häusern; hier ist 1 Branntweinbrennerei und 1 Schönfärberei. Die Vorstadt Christianstadt macht mit Reichenberg ein Ganzes und ist auch dahin eingepfarrt; die folgenden Orte, welche sich zunächst an der Stadt befinden und zum Theile mit ihr zusammenhängen, sind ebenfalls dahin eingepfarrt.

3. Neu-Paulsdorf, ¼ Stunde nördlich von der Stadt, hat 84 Häuser mit 761 Einwohnern; hier ist 1 Wirths- und Einkehrhaus.

4. Alt-Paulsdorf, ¼ Stunde nordwestlich von der Stadt, auf einer Anhöhe, hat 19 Häuser mit 155 Einwohnern.

5. Ruppersdorf, ½ Stunde nördlich von der Stadt, wurde von den Herren von Rädern erbaut und nach ihrem Stammsitze in Schlesien benannt, hat 86 Häuser mit 768 Einwohnern; hier ist 1 Schule, 2 Tuchwalken, und mitten im Walde 2 Schafwollenspinnereien (Firma: Franz Rehwald, dann Franz Schmidt und Mauermanns Erben), 2 Baumwollenspinnereien (Anton Trenkler, Leopold Sindel), dann 1 Lohstampfe, 1 Mühle (die Bergmühle genannt) und 1 herrschaftliches Jäherhaus.

6. Katharinaberg (Kotterberg), 1¼ Stunden nördlich von der Stadt, am Fuße des Drachenberges, an der Schwarzen Neisse, hat 66 Häuser mit 617 Einwohnern, 1 Schule, 1 Schafwollen- und 1 Baumwollenspinnerei, erstere mit der Firma Ferdinand Seidel, letztere Anton Kettel; 1 herrschaftliches Jägerhaus, 1 Brettsäge und 1 Kammgarnspinnerei. Unfern von hier an der Schwarzen Neisse ist der sogenannte Angst- oder Reitstein, ein schwer zu erklimmernder Granitfels in wildromantischer Umgebung; die ganze Ortschaft ist von Waldung und felsigem Gebirge umgeben.

7. Rudolphsthal (Rudelsthal), auch Buschdorf genannt, 1½ Stunden nordöstlich im Gebirge an der Schwarzen Neisse, von Waldung umgeben, hat 38 Häuser mit 346 Einwohnern, hier ist 1 Mühle.

8. Alt-Habendorf, ¾ Stunde nordwestlich von der Stadt, an der Schwarzen Neisse, hat 140 Häuser, 1.259 Einwohner, 1 Filialkirche zur heiligen Katharina, und 1 Schule. Hier ist 1 k.k. privilegierte Tuch- und Casimirfabrik, Firma Johann Berger und Compagnie, die älteste unter den bestehenden Tuchfabriken, in den Gebäuden des vormals hier bestandenen herrschaftlichen Maierhofs von Johann Georg Berger im Jahr 1800 errichtet; ferner sind hier 3 Tuchwalken, 1 Landwandbleiche, und 1 herrschaftliches Jägerhaus.

9. Neu-Habendorf, ¼ Stunde östlich vom vorigen, an der Hauptstraße nach Friedland, an der Schwarzen Neisse, hat 38 Häuser mit 303 Einwohnern, hier ist 1 Schafwollenspinnerei (der Wittwe Weber), 1 Leinwandbleiche und 1 Mühle.

10. Ratschendorf, 1 Stunde nördlich von der Stadt, an der Hauptstraße nach Friedland, hat 42 Häuser mit 343 Einwohnern.

11. Schönborn, ¼ Stunde westlich vom vorigen, an dem Neundorfer Forste, hat 83 Häuser mit 577 Einwohnern.

12. Schworau (Schwore), 1¼ Stunden westlich von der Stadt, an der Neisse hat 21 Häuser mit 160 Einwohnern, eine Tuchwalke.

13. Berzdorf, 1 Stunde südwestlich von Reichenberg, an dem vom Jeschken herabkommenden Berzdorfer-Bache, hat vom Fuße des Jeschken bis zur Neisse 1 Stunde Länge, wird in Ober- und Nieder-Berzdorf eingetheilt, wovon jedoch bloß die auf der rechten Seite des Baches liegenden 44 Häuser mit 358 Einwohnern hieher gehören; hier ist eine Schafwollspinnerei und 1 Kalkbrennerei.

14. Karolinsfeld, 1 Stunde südwestlich von Reichenberg, am Fuße des Jeschken, nahe an Ober-Berzdorf, hat 56 Häuser mit 508 Einwohnern.

15. Rosenthal, ¼ Stunde westlich von der Stadt, an der Neisse, hat 56 Häuser mit 378 Einwohnern, 1 Mühle, 2 Tuchwalken, 2 Schafwollspinnereien (Firma: Joseph Gahler und Joseph Gänzel); der Ort wird in Ober- und Nieder-Rosenthal abgeteilt.

16. Franzensdorf, ½ Stunde südwestlich, erstreckt sich längs einem kleinen Bache bis nahe an die Stadt, hat 58 Häuser mit 486 Einwohnern. Hier ist 1 Mühle und 1 Farbholzraspel.

17. Johannesthal, ½ Stunde südsüdwestlich von der Stadt, längs einem kleinen Bache, hat 76 Häuser mit 639 Einwohnern. Hier ist eine Kapelle, 1704 vom herrschaftlichen Inspektor Karl Christian Platz von Ehrenthal erbaut, und mit einem Kapitale von 500 Gulden dotirt, 1 Schule, 1 k.k. privilegierte Kattunfabrik (Firma: Franz Hermann), welche 576 Personen beschäftigt, und vorzüglich weißbödig gedruckte Tücher und Kattune liefert, dann 2 Schafwollenspinnereien und 1 Mühle.

18. Alt-Harzdorf (auch Alt-Hartsdorf), ½ Stunde östlich von der Stadt, am Harzdorfer Bache, hat 140 Häuser mit 1.259 Einwohnern, und 1 Schule. Hier ist eine seit wenigen Jahren von dem Engländer Thomas errichtete Maschinenfabrik, welche 125 Menschen beschäftigt, in welcher Gewerbsmaschinen aller Art und auch Dampfmaschinen gebaut werden, 2 Schafwollspinnereien (Firma: Joseph Mor. Horn), 1 Bleiche, dann 2 Mühlen und 1 Brettsäge. Das Dorf liegt zum Theil sehr zerstreut, und es gehört hieher die so genannte Louisenshöhe, 7 Häuser mit 1 Wirthshaus, an der Straße von Gablonz, dann die nördlich und nordöstlich vom Orte gegen die Waldung zerstreut liegenden Häuser, der Lange Zippel (von 25 Häuser), Mittelzippel (12 Häuser) und Kurze Zippel (11 Häuser) benannt.

19. Neu-Harzdorf, ¾ Stunde östlich von der Stadt, hat 86 Häuser mit 762 Einwohnern, liegt am Harzdorfer Bache, an welchem eine Mühle ist; hier sind Strumpfwirkereien und 1 herrschaftliches Jägerhaus.

20. Röchlitz (Rechlice), Dorf von 100 Häsuern mit 675 Einwohnern, ½ Stunde südlich von der Stadt, an der Neisse und der Prager Hauptstraße. Hier ist eine Pfarrkirche zum heiligen Johann dem Täufer, früher Filiale von Reichenberg, seit 1652 zu einer Pfarrkirche erhoben, unter herrschaftlichem Patronate (sie besitzt ein schönes Altarblatt von einem neapolitanischen Meister), dann 1 Schule, 2 Mühlen, 1 großes Wirths- und Einkehrhaus, 4 Schafwollen- und 1 Baumwollenspinnerei (Anton Hübner, Christoph Horn, Ignaz Salomon, Franz Finke) und Leinwebereien. Das hiesige Armen-Institut hat bei einem Stammvermögen von 11 Gulden 21½ Kreuzer eine jährliche Einnahme von 170 Gulden 29½ Kreuzer W. W., und unterstützt 20 Personen. Der Ort ist alten Ursprungs und hatte 1384 schon eine Pfarrkirche zum heiligen Nikolaus, welche in den hussitischen Unruhen zerstört wurde. Nach einem alten Manuscripte von einem Schöffer der Burg Hammerstein, Namens Möser, verfaßt, soll Röchlitz früher ein Städtchen gewesen seyn; er schreibt in der noch gegenwärtig hier herrschenden Volksmundart: „Ai dö Khörche Uffn Stötchlein Rochlitz ho ich öne guht holbö sthundö tzu gihn“ u.s.w. Zur Röchlitzer Kirche sind eingepfarrt.

21. Eichicht (Oicht), Dorf, ¾ Stunde südlich von Reichenberg, an der Hauptstraße, an Röchlitz anstoßend, hat 66 Häuser mit 489 Einwohnern.

22. Heinersdorf (Hennersdorf, Heinrichsdorf), 1 Stunde südlich von Reichenberg, an einem kleinen vom Jeschken herabkommenden Bach, hat 33 Häuser mit 236 Einwohnern, und 1 Kalkbrennerei.

23. Münchendorf (Minkendorf), 1¼ Stunden südlich von Reichenberg, hat 28 Häuser mit 189 Einwohnern, 1 Mühle und 1 Schafwollspinnerei.

24. Hlubokay (böhmisch Hluboka, gewöhnlich Lukey), am Fuße des Berges gleiches Namens, einem Ausläufer des Jeschken, 1½ Stunden südsüdwestlich von Reichenberg, hoch gelegen, hat 24 Häuser mit 162 Einwohnern.

25. Ober-Hanichen, Dort am Fuße des Jeschken, 1 Stunde südsüdwestlich von Reichenberg, hat 114 Häuser mit 801 Einwohnern, und 1 Mühle.

26. Nieder-Hanichen, ¾ Stunde südsüdwestlich von der Stadt, an das Vorige und an Johannesthal anstoßend, hat 82 Häuser mit 608 Einwohnern. Hier ist 1 Papiermühle, 2 Schafwollspinnereien (Firma: Christoph Günzel und Wenzel Altmann), und 1 herrschaftliches Jägerhaus; vordem bestand hier 1 herrschaftlicher Maierhof.

27. Maffersdorf, 1 Stunde südöstlich von Reichenberg, an der Neisse, hat 338 Häuser mit 2.670 Einwohnern, wovon jedoch nur die auf der rechten Seite der Neisse gelegenen 110 Häuser mit 857 Einwohnern zur Herrschaft Reichenberg gehören und für sich conscribirt werden; von denen an dem linken Ufer der Neisse stehenden gehören 211 Häuser zur Herrschaft Böhmisch-Aicha und 17 Häuser zur Herrschaft Swigan, und sind ebenfalls für sich conscribirt. In dem Herrschaftlich Reichenberger Antheile ist die Pfarrkirche zur heiligen Dreifaltigkeit unter herrschaftlichem Patronate, 1701 erbaut und 1768 zur Pfarrkirche erhoben, sie war früher Filiale der Röchlitzer Kirche; ferner 1 Schule, 1 Mühle, 1 Schafwollspinnerei (Firma: Ignaz Riedel), Webereien und Strumpfwirkereien. Das hiesige Armeninstitut, 1786 begründet, hat ein Stammvermögen von 6 Gulden C. M. und 134 Gulden 58 Kreuzer W. W. Das jährliche Einkommen beträgt 5 Gulden C. M. und 91 Gulden W. W.; es unterstützt 12 Arme.

28. Proschwitz, 1½ Stunden südöstlich von Reichenberg, an der Neisse, zwischen dem Proschwitzer Kamme und dem Wolaner Berge, mit dem vorigen zusammenhängend, hat 117 Häuser mit 790 Einwohnern, 1 Mühle, 2 Schafwollespinnereien (Firma Gottfried Hartig, Franz Elstner) und 1 Leinwandbleiche; dann Strumpfwirkereien. Das Dorf ist nach Maffersdorf eingepfarrt.

29. Kunnersdorf, 1 Stunde ostsüdöstlich von Reichenberg, an der Straße von Gablonz, hat 39 Häuser mit 299 Einwohnern, ist nach Maffersdorf eingepfarrt.

30. Reinowitz (Reinewitz), Dorf, 2 Stunden ostsüdöstlich von Reichenberg, hat 71 Häuser mit 451 Einwohnern, 1 Kirche zum heiligen Geiste, 1700 erbaut, früher Filiale von Maffersdorf, seit 1785 zur Lokalie erhoben, 1 Schule, beide unter herrschaftlichem Patronate; vordem war hier eine hölzerne Kirche. Hier ist 1 Flußsiederei, 1 Bleiche und 1 Mühle; in der Nachbarschaft wird Torf gegraben. Das Armeninstitut wurde hier 1786 begründet; es besitzt 306 Gulden 48½ Kreuzer W. W. Stammvermögen und 15 Gulden W. W. jährliche Einnahme; es werden 7 Arme unterstützt. Hieher sind eingepfarrt:

31. Luxdorf, 1½ Stunden östlich von Reichenberg, hat 59 Häuser mit 424 Einwohnern, hier ist 1 Farbholzraspel, 2 Schafwollespinnereien, (Joseph Herzig, Anton Hübel) und 1 Mühle.

32. Gränzendorf, 2 Stunden östlich von Reichenberg am Lautschneibache, der hier in die Neisse fällt, hat 108 Häuser mit 854 Einwohnern, 1 Schule; hier sind viele Kattunweber, 1 Mühle und Brettsäge; ein Theil des Dorfes ist nach Johannesberg (Herrschaft Morchenstern) eingepfarrt.

33. Friedrichswald, Dorf, im waldigen Isergebirge am hier entspringenden Lautschneibache, 3 Stunden ostnordöstlich von Reichenberg, hat 80 Häuser mit 674 Einwohnern, 1 Mühle und Brettsäge; die früher bestandene Glashütte wurde wegen zunehmenden Holzbedarf der Stadt Reichenberg 1807 kassirt. Die Einwohner nähren sich von Holzschlagen, von Taglöhnerei und Glasbearbeitung; hieher sind conscribirt die Einschichten

a) Neuwiese, ¾ Stunde nördlich von Friedrichswald, 1 Glashütte, Firma Franz Riedel, in welcher Hohlglas, Stängelglas, Glasperlen und Lustersteine erzeugt werden, 1 herrschaftliches Jägerhaus und 2 Wohngebäude.

b) Plattnay, ½ Stunde entfernt, 1 Brettsäge mit Wohngebäude.

c) Christiansthal, 1 Stunde nordöstlich von Friedrichswald, am Kamenitzbache, 1 Glashütte, Firma Karl Joseph Riedel, 1 Kapelle in welcher alle 14 Tage Gottesdienst gehalten wird, dann 1 Lokaliegebäude, und 5 Wohnhäuser.

Das Dorf Friedrichswald ist nach Johannesberg eingepfarrt.

34. Voitsbach, Dorf, 2 Stunden nördlich von Reichenberg im Gebirge, von Wald umgeben, hat 119 Häuser mit 890 Einwohnern. Hier ist 1 Jägerhaus und 2 Mühlen; ein großer Theil der Einwohner lebt von Kattunweberei, eine größere dergleichen Weberei führt die Firma Joseph Scheufler. Das Dorf ist nach Einsiedel (Herrschaft Friedland) eingepfarrt. Hieher gehört auch Giersbach (oder Voitsbacher Neuland) ½ Stunde von hier, 1 herrschaftliches Försterhaus mit 16 Häusleransiedlungen.

35. Neundorf, 2 Stunden nordwestlich von Reichenberg, am Görsbache, hat 140 Häuser mit 1.003 Einwohnern. Hier ist 1 Pfarrkirche zu Mariä Himmelfahrt, 1617 erbaut und 1673 mit einem Seelsorger besetzt, hat ein Altarblatt von Donat; eine Schule, beide unter herrschaftlichem Patronate; 1 herrschaftliches Schloß, 1 Bräuhaus auf 20 Faß, 1 herrschaftlicher Maierhof mit Schäferei, ein ¼ Stunde westlich abseits liegendes Jägerhaus, und eine Mühle. Das Armeninstitut wurde hier 1786 begründet; es besitzt 221 Gulden 6½ Kreuzer W. W. Stammvermögen und 62 Gulden 20 Kreuzer W. W. jährliches Einkommen, und unterstützt 11 Arme. Neundorf bildet ein Gut für sich, zu welchem die Orte Neudörfel, Mühlscheibe und Hohenecke gehören; hinsichtlich der Verwaltung ist es jedoch der Herrschaft Reichenberg einverleibt. (Siehe Landtäfliches Hauptbuch Litt. N. Tom. V. Fol. I.) Es gehörte früher dem Freiherrn von Heißler, und zu Anfange des vorigen Jahrhunderts den Graften Pachta; wann und wie es zur Herrschaft Reichenberg gelangte, ist nicht bekannt. Die zum Gute gehörigen 3 Orte sind zur Neundorfer Kirche eingepfarrt, nämlich:

36. Neudörfel (auch Neundorfer Neudorf), 1¼ Stunde östlich von Neundorf, am Abhange des Steinberges, hat 29 Häuser mit 196 Einwohnern.

37. Hohenecke (auch Saugraben genannt, weil früher ein Saugarten da war; die obere Hälfte des Dorfes heißt auch Heidelade), liegt ¼ Stunde westlich von Neundorf an einem kleinen Bache, hat 45 Häuser mit 320 Einwohnern, 1 Mühle, 1 Baumwollenspinnerei und Kattunweberei, beide unter der Firma von Gottlob Meusel.

38. Mühlscheibe, ½ Stunde nördlich von Neundorf, an einem Bergabhange, am Scheidebache, hat 19 Häuser mit 121 Einwohnern, hier ist 1 Kattunweberei, Firma Franz Bekert.

39. Ober-Wittig (Alt-Witkow, gewöhnlich Wittche), Dorf, 2½ Stunden nordwestlich von Reichenberg, zieht sich an einem kleinen Bache aufwärts fast bis an die sächsische Gränze, hat 106 Häuser mit 729 Einwohnern, 1 Pfarrkirche zu Mariä Heimsuchung, und 1 Schule, beide unter dem Patronate der Obrigkeit. Nach der Innschrift der Glocke bestand die Kirche schon 1575, sie wurde 1674 zur Pfarre erhoben. Hier sind mehre Baumwollenwebereien, welche den Einwohnern Nahrung verschaffen. Das Armeninstitut wurde im Jahre 1786 durch Legirung eines Kapitals von 100 Gulden von Joseph Kaulfersch begründet, besitzt jetzt 280 Gulden 30 Kreuzer W. W. Stammvermögen, 54 Gulden 43½ Kreuzer W. W. jährlich Einkünfte, und unterstützt 22 Arme. Zu dem Dorfe gehört die sogenannte Feldsieberei, 2 einzelne Bauernhöfe und 1 Bauerngut an der Straße nach Wetzwald. Am nördlichen Ende des Dorfes erhebt sich hart an der Gränze Sachsens der Kikelsberg, von welchem man eine treffliche Aussicht in die Lausitz sowohl, als eine schöne Ansicht der Gebirge der Herrschaften Friedland, Reichenberg und Grafenstein genießt.

40. Nieder-Wittig, südlich von Ober-Wittig, an dasselbe anstoßend und dahin eingepfarrt, hat 96 Häuser mit 652 Einwohnern, 3 Mühlen.

Von getheilten Ortschaften gehören zur Herrschaft Reichenberg:

15 Häuser von Schimsdorf, die übrigen zur Herrschaft Böhmisch-Aicha, wo auch die Ortschaft conscribirt wird.

1 Mehr über diese und andere interessante Verhältnisse, als hier anzuführen der Raum gestattet, findet man in der trefflichen „Topographisch-historisch-statistischen Beschreibung von Reichenberg.“, von Carl Joseph Czörnig. Wien, 1829.

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